Kunst ist zugleich Oberfläche und Symbol. Wer unter die Oberfläche dringt tut es auf eigene Gefahr.Wer das Symbol entschlüsselt, tut es auf eigene Gefahr. In Wirklichkeit spiegelt die Kunst den Betrachter und nicht das Leben.

Dorian.
Dem Namen “Dorian” und der damit einhergehenden Assoziation geht durch den Roman von Oscar Wilde eine mystische und oftmals gruselige Bedeutungszuschreibung voraus. Jedoch steht der Name “Dorian” für viel mehr, als nur für das bloße künstlerisch-angehauchte Spiegelbild der ewigen Schönheit und Jugend, die von dem irischen Autor skizziert wird. Betrachtet man, mit Hilfe von entomologischen Werkzeugen, den tiefer liegenden Sinngehalt des Names, so reicht dieser weit in die Vergangenheit. So zeichnet sich der Name neben der Kunst vor allem durch Stärke, Naturverbundenheit und Ordnung aus.
Die METAMORPHOSE
Dorian als Spiegelbild des 3-stufigen Prozesses der Selbstverwirklichung
Die Metamorphose beginnt mit dem Bewusstsein über sich selbst. Nur ein geordneter Charakter kann sich selbst im Klaren werden was er will und wo- hin er möchte. Die Kunst besteht darin sich selbst, wie ein Schmetterling zu entfalten aus der eigenen Selbstachtung, der eigenen Stärke und dem eigenen Vertrauen zu sich selbst. Das Selbstentfaltungsmotiv steht nach Maßlow (…) an oberster Stelle und birgt die Kunst, sich selbst in seinem eigenen Metier zu vervollkommnen. Es gilt sich jedoch nicht darauf auszuruhen. Durch eine gesunde Neugier gilt es sich weiterzuentwickeln und gemäß seinem Charakter, neuen individuelle Zielen zu verfolgen. Die Verwandlung zeigt auch deutlich, dass wir selbst von äußeren Einflüssen geprägt werden. Sei es durch eigene Erfahrungen oder durch Personen. Veränderung ist Fortschritt sofern man sich seiner eigenen Wurzeln bewusst ist. Eine Verwandlung kann nur erfolgen, wenn man weiß woher man kommt und wohin man will.
Analog zur Doric-Order kann dies in einer drei-stufigen Abfolge passieren.
I. BEWUSSTSEIN
Dorian als Methapher der Selbstachtung, dem Bewusstsein zur eigenen Stärke und der Liebe zu sich selbst.
Dorian stellt eine Metapher dar, die dem Bildnis seiner selbst Achtung schenkt. Es gilt äußere Eindrücke aufzugreifen um sich so seiner selbst Bewusst zu werden. Nur so ist es möglich, sich seiner eigenen Stärken (vgl. Dôros) bewusst zu werden oder noch nicht ausgereifte Eigenschaften zu verbessern und zu vervollkommnen. Mentoren und Vorbilder wie Lord Henry Wotton können dabei helfen sich selbst zu finden. Man kann ihr Wissen und die Zeit, die sie einem aus ihrer erhabenen Position einem widmet als Geschenk ansehen. Dies gilt es, in Form von Ratschlägen und Forderungen, anzunehmen. Die Suche nach den eigenen Stärken und der Selbstachtung ist jedoch keineswegs objektiv. Die Stärke durch das Selbstbewusstsein muss man sich, wie vieles im Leben, selbst erarbeiten. Dies ist jedoch nur durch die Liebe zu sich selbst möglich. Glaubt man nicht an sich und zweifelt an sich selbst so ist man der Situation meist nicht gewachsen und man verliert sich im Kreis seiner Selbst. Dorian schein sich seiner eigenen Schönheit bewusst zu sein, dabei zählt aber nicht nur die Äußerlichkeit und die jugendliche Ausstrahlung. Vielmehr zählt die Ausgeglichenheit der Person, ist man mit sich selbst zufrieden so strahlt man Schönheit von selbst aus. Die Stärke und Selbstachtung kommt dann ganz von allein.
II. KUNST
Dorian als Sinnbild der Kunst und eigenen Selbstentfaltung.
Durch die Kraft des Bildnisses, sei es durch das dynamisch-bewegte oder das statisch-unveränderbare, werden Emotionen ausgelöst, die den Horizont des Betrachters schüren und erweitern. Es stellt ein Geschenk dar, welches der Künstler (vgl. Basil Hallward) der Allgemeinheit bereitstellt. Meist basiert die Kunst auf subjektiven Eindrücken, die abstrakte oder realistischer Gegenstände für ein Moment einzufangen versuchen. Sie stellt weder etwas Nützliches dar, noch lassen sie sich in allgemeine Gesetzmäßigkeiten über- tragen. Stellt die Kunst für den Einzelnen aus seiner Erfahrung etwas über alles Erhabenes dar, so kann es für die Allgemeinheit ein sinnlos wirken. Sie ist abhängig von Zeit, Kultur, und dem subjektiv-individuellen Wesen. Sie kann vergänglich, sinnlich, abstoßend, erklärend und spielerisch zu gleich sein ohne sich deren rechtfertigen zu müssen. Auf Instagram, Facebook und co. wird jedem die Möglichkeit eingeräumt seine Bilder und Filme einer breiten Masse bereitzustellen. Zufällig aufgenommene Phänomene von Amateuren erhalten Aufmerksamkeit und werden mit “klicks” und “likes” honoriert. Der Künstler an sich wird unter Wert verkauft. “Paris Hilton” & Co. entwerfen Modelinien, die nicht ihrer selbst entstammen, sondern auf der Umsetzung und Konzeption wahrer Künstler basieren. Die Welt scheint sich wiedermal zugunsten der Dekadenz zu drehen. Die wahre Kunst bleibt im Wald (dóris) verborgen. Der Künstler an sich sollte in den Blickpunkt gerückt werden auch wenn dies nicht die Intention der Kunst sein mag. Personen und Geschichten erzählen den wahren Wert der Kunst und ihrer Abbildung. Diese für sich zu vereinnahmen ist falsch und zeugt von Dekadenz und Feigheit.
Die Kunst sollte – analog zu den Dorern – sich der Kraft bewusst sein und sich dieser Enteignung entgegensetzten.
III. NEUGIER
Das Bildnis als Vergänglichkeit und Zugeständnis an Neugier und Fortschritt.
Wie Holz ist auch die Kunst ein wunderbarer, vergänglicher Baustoff, der bis in alle Ewigkeit in den Köpfen der Betrachter konserviert werden kann. In unserer Zeit sind auch die Bilder flüchtig. Es wird eine Masse an Bildnissen produziert, die zwar jedes für sich von Schönheit geprägt sein können, jedoch leicht in der Masse untergehen und reproduzierbar sind. Der Kampf um die Aufmerksam der Menschen hat begonnen. Auch die Vergänglichkeit und analog die sinkende Attraktivität der Bilder scheint auch in der heutigen Zeit ein Faktor zu sein. So ist die Technologie der Fotografie und des Filmes maßgeblich daran beteiligt, dass uns frühere Werke auf den ersten Blick missfallen. Unsere Sehgewohnheiten ändern sich analog zu den visuellen Techniken. Es fällt schwer, sofern man sich nicht der mit den Formen der früheren Aufnahmetechnik auseinandersetzt, den Inhalten und der Darbietung aus der früheren Zeit hinzugeben. 3D, Hologramme und die Digitalisierung tragen somit zu dem Verfall der früheren Schönheit des zweidimensionalen schwarz-weis Bildes bei. Das Portrait macht möglicherweise die Ausnahme. Sofern jedoch die visuelle Darbietung in ihrer emotionalen und kognitiven Ausarbeitung besticht so kann auch die technische Darbietung ein sekundärer Platz eingeräumt werden.
